„Wir waren irgendwie Trendsetter“
17. September 2024Anlässlich des 40-jährigen Bestehens unseres Vereins, beinhaltet unsere gedruckte Jubiläums-Siebeninfo (Ausgabe #134) eine Menge Interviews, welche einen Blick zu den Anfängen und die Zukunft von B7 werfen lassen und unsere Kundinnen:Kunden mit Erfahrungsberichten zu Wort kommen lassen. Hier finden Sie nun das Interview mit Anna Falkinger in voller Länge:
Anna Falkinger war dabei, als in der Bischofstraße 7 die Geschichte des B7 1984 begann.
Zusammen mit Heinz Mayrhofer war Anna Falkinger die Erste, also Geburtshelfer für das B7 in der Bischofstraße 7. Ein Privileg, das den beiden keiner mehr nehmen kann. Im Rückblick auf die Anfänge hat Falkinger keineswegs die rosarote Brille auf. „Unwissend haben wir damals das Richtige gemacht“, sagt sie im Gespräch.
– Mit 15. Mai 1984 wurde das B7 gegründet, hat das Zweierteam Mayrhofer Falkinger junge Arbeitslose mitten in Linz betreut. Wie war das damals?
Der Bedarf von der Basis hat damals gesagt, was los ist. Die Basis waren die jungen Menschen, die in das B7 gekommen sind. Eine Gruppe arbeitsloser Lehrlinge hatten wir vom studentischen Zentrum, das es vorher in der Bischofstraße gab, geerbt. Das Ohrenaufmachen, das Hinhören, was die Jungen brauchen, hat genau das gezeigt, was es braucht. So hat sich grundsätzlich von damals bis heute nichts geändert. Die Beratung, natürlich auch Schulung, die damals nur rudimentär vorhanden war, das Thema Kinderbetreuung – all das war schon da. Es ging darum, etwas zu tun.
– Daraus ist schnell das entstanden, was bis heute untrennbar mit dem B7 in Verbindung gebracht wird: die Fahrradwerkstatt.
Genau, das war eine Hobby-Werkstatt. Es waren radaffine Menschen in der Werkstatt. Das war lustig. Der große Radboom war noch nicht da, aber man könnte sagen, es war der Beginn. Wir waren Trendsetter. Ich weiß noch, dass wir damals sogar unsere Hochzeitsreise mit dem Fahrrad gemacht haben. Aber natürlich waren die Bedürfnisse der jungen Menschen in diese Richtung vorhanden und sie haben die Gesellschaft gesucht. Mehr denn je. Handys und Computerspiele hat es noch nicht wirklich gegeben, so gesehen stand das Gemeinschaftliche ganz hoch im Kurs. Zusätzlich sind dann auch Junglehrer ins B7 gekommen, damals gab es eine Lehrer-Arbeitslosigkeit, was man heute gar nicht glauben mag. Sie haben dann Lernnachmittage mit Kindern gemacht, inklusive Sprachförderung. Die Rahmenbedingungen waren schlecht, es gab keine Erfahrung mit der Abwicklung von Fördergeldern. Das hat uns dann letztlich auch überfordert. Zu zweit ist das nicht gegangen. Es waren intensive zwei Jahre und andere haben dann im B7 weiter getan. Es wurde erkannt, dass der Bedarf für diese Einrichtung vorhanden ist.
– Damit wieder aufzuhören, stand nicht zur Debatte?
Nein, das war nicht so. Immer wieder blieb das B7 bestehen, trotz vieler Übersiedlungen und Drohungen, dass es geschlossen wird. Diese Einrichtung wird es, glaube ich auch, dauerhaft geben, weil die Gesellschaft sehr träge ist und sich nicht groß verändert.
– Schwingt Stolz mit, wenn man sieht, was aus den bescheidenen Anfängen des B7 über vier Jahrzehnte geworden ist?
Stolz, Nein. Es hat jeder viel arbeiten müssen und jeder musste sich immer beweisen. Was mich im Rückblick aber beeindruckt, ist, dass wir damals wirklich einen Freibrief der Kirche hatten. Wir haben so viel Vertrauen erhalten, es einfach auszuprobieren und sind dafür bezahlt worden. Dass die Kirche sagt, die Räume sind da, probiert etwas aus, es wäre schade darum, und ein halbes Jahr zuzuschauen, was daraus wird, das war schon einzigartig. Denn normalerweise wären heutzutage andere Kennzahlen gefordert. Von dem her war es eine gute Zeit.
– Wie bewertest du die Situation heute?
Es ist schwierig, wenn immer gespart werden muss. Ein Widerspruch ergibt sich automatisch durch die Politik. Warum wird gleich wieder bei Frauen-Projekten gespart? Warum wird die Kinderbetreuung immer noch den Gemeinden überlassen? Die Eltern stehen da und können gar nichts machen.
– Da hört man immer noch die Kämpferin in dir heraus?
Ich bin in einer Großfamilie mit acht Geschwistern aufgewachsen, da hat man immer kämpfen müssen, dass man in der großen Schüssel am Tisch etwas zu essen erwischt. Ohne das zu dramatisieren, war es auch schön. Aber ich musste lernen, das zu sagen, was ich will. Aber es heißt noch nicht, dass man eine Chance damit hat.
– Was wünscht du dem B7 für die Zukunft?
Dass sie nicht für politische Agenden benützt werden, denn dabei kommt nie etwas Gutes heraus. Ich wünsche mir für soziale Einrichtungen wie dem B7, dass der Wert ihrer Tätigkeit für die Gesellschaft erkannt wird und nicht quergeschossen wird, indem man gewisse Bereiche aus Kostengründen schließt. Bereiche, die gut gehen, wo sehr viel gemacht wird. Das finde ich sozial unfair. Die Politik soll sie einfach arbeiten lassen. Da vertut man auch unnötig viel Zeit, die man besser bei der Zielgruppe einsetzt.
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„Nicht alleine mit seinen Sorgen“ – Frau B. ist ein Fan des B7.
erscheint am 19. September!